Nordic Walking Verletzungen

Nordic Walking gilt gemeinhin als sichere Sportart. Aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen deuten auf eine Verletzungsrate unter 1 pro 1000 Stunden Nordic Walking hin. Diese Verletzungsrate wird allerdings von einer für Nordic Walking durchaus typischen Verletzung bestimmt: dem Nordic Walking Daumen.

In einer Fragebogenanalyse mit 137 Nordic Walking Teilnehmern wurde die individuelle Krankengeschichte mit Hauptaugenmerk auf orthopädisch-traumatologische Verletzungen abgefragt. Weiters wurden Daten zur aktuellen Medikation, Befindlichkeitsstörungen innerhalb der letzten 12 Monate und die Erfassung der Verletzungen und Überlastungsschäden während bzw. nach Nordic Walking erhoben.

Um die Daten sinnvoll verwerten zu können und um einen Vergleich mit anderen Sportarten möglich zu machen, wurde auch nach der wöchentlichen Häufigkeit von Nordic Walking in Stunden und nach dem Beginn der Nordic-Walking-Karriere gefragt. Dadurch konnte die individuelle Gesamtexpositionszeit jedes einzelnen Studienteilnehmers erfasst werden.

29160 Stunden Nordic Walking bei 137 Personen

Das mittlere Alter der Befragten betrug 53,5 ± 12 Jahre. Der Damenanteil lag bei 74%. Das mittlere Gewicht aller Teilnehmer betrug 73,2 ± 13 kg bei einer Körpergröße von 169 ± 11 cm.

Die Gesamtexpositionszeit, also jene Zeit, die alle Teilnehmer kumuliert in ihrem Leben mit Nordic Walking verbracht haben, betrug 29160 Stunden.

± ist die sogenannte Standardabweichung und beschreibt die Streubreite der angegebenen Daten.

Nur minimale Nordic Walking Verletzungen pro 1000 Stunden

Die Gesamtverletzungsrate nach 29160 Stunden Nordic Walking lag bei 0,926 pro 1000 Stunden. In 0,24 Fällen pro 1000 h kam es zu einem Sturz.

Die häufigste Verletzung beim Nordic Walking während der 29160 Stunden Gesamtexposition war die Distorsion des ulnaren Seitenbands am Daumen ohne Ruptur. Das bedeutet, dass jenes Band am Daumengrundgelenk, welches in Richtung des kleinen Fingers zeigt verstaucht wird ohne dabei gänzlich zu reißen.
Diese Verletzung tritt mit einer Häufigkeit von 0,206/1000 h Nordic Walking auf und hat damit die höchste Verletzungsrate innerhalb des Nordic Walkings.

Eine neue Sportverletzung ist geboren: der Nordic Walking Daumen.

Eine ähnliche Verletzung, jedoch mit kompletter Ruptur des ulnaren Seitenbands des Daumens ist im Skisport als Skidaumen bekannt. Meistens passiert diese Verletzung durch einen Sturz auf die Hand. Durch das Festhalten der Skistöcke fällt man häufig auf den ausgetreckten Daumen, welcher dann abrupt überstreckt und dadurch verletzt wird.

Generell lag die Verletzungsrate der oberen Extremitäten mit 0,549/1000 h höher als bei den unteren Extremitäten mit 0,344/1000 h Nordic Walking.

Ein Nordic Walker zog sich einen Handgelenksbruch nach Sturz zu (0,034/1000 h). Zwei Nordic Walker beklagten Blasen an den Händen (0,069/1000 h).

Auffällig ist, dass die Verstauchung (Distorsion) des oberen Sprunggelenks im Vergleich zu anderen Verletzungen weniger oft vorkommt. Von Nordic Walkern wird dies oftmals als häufigste Verletzung wahrgenommen.

Dauer der Verletzungspausen

Von den 137 befragten Nordic Walkern mussten sieben (5,1%) wegen einer Nordic-Walking-assoziierten Verletzung ihren Sport pausieren, 1,5% weniger als eine Woche, 1,5% für 1 – 3 Wochen und 2,2% mehr als drei Wochen. Alle befragten Nordic Walker kehrten nach der Verletzungspause wieder in ihren Sport zurück.

Fazit

In der gesamten Studie waren Verletzungen der unteren Extremitäten noch seltener als die der oberen Extremitäten. Es wurden keine Überlastungsschäden im Sinne von Ermüdungsbrüchen der Tibia oder des Mittelfußes beobachtet, was möglicherweise durch die gegenüber dem Laufen geringere axiale Last bedingt sein könnte.
Durch die niedrigere Bewegungsgeschwindigkeit beim Nordic Walking gegenüber z.B. dem Skilanglauf, scheinen die Verletzungen der unteren Extremitäten generell seltener aufzutreten. Im Skilanglauf entstehen Verletzungen der unteren Extremitäten vor allem bei Stürzen auf Abfahrten.

Nordic Walking birgt nachgewiesenermaßen ein sehr geringes Verletzungsrisiko und hält dem Vergleich mit anderen Sportarten locker stand. Schwere Verletzungen, wie z.B. Schulterluxationen treten nur äußerst selten auf.

Neu ist allerdings der Nordic Walking Daumen als eine leichte Form des Skidaumens. Durch den Einsatz der Nordic Walking Stöcke besteht ein gewisses Risiko für Verletzungen des Daumenseitenbands. Ein wichtiger Faktor dabei ist die Stockhaltetechnik und die Reaktion des Sportlers im Falle eines Sturzes.

Im Skisport wird versucht, die Verletzungsgefahr durch Systeme ähnlich einer Sicherheitsbindung in den Griff zu bekommen. Derartige Vorrichtungen gibt es für Nordic Walking Stöcke noch nicht. Es ist fraglich ob die gegenwärtigen Systeme im Skisport zur Prävention des Skidaumens beitragen. Anleihen für die Produktentwicklung von neuen Nordic Walking Stöcken können nicht entnommen werden.

Ein sinnvoller Tipp beim Einsatz in der Praxis: Lösen Sie sich von den Handschlaufen der Stöcke, wenn Sie in sturzgefährliches Gelände kommen, wie z.B. bei starkem Gefälle oder bei unwegsamen Untergrund.

Quelle: Knobloch K. & Vogt P.M. (2006). Nordic Pole Walking Injuries – Nordic Walking Thumb as Novel Injury Entity. In: Sportverl Sportschad 2006; 20: 137 – 142

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